Praxistipps zur Ladungssicherung

10 Praxistipps zur Ladungssicherung

11 min lesen 09 August 2022
Wer Ladung transportiert, muss diese sichern. Das schreibt sowohl der gesunde Menschenverstand vor als auch der Gesetzgeber. Niemand möchte, dass die Ware während des Transports Schaden nimmt – und niemand, dass sie Schaden verursacht. Genau das passiert aber auf deutschen Strassen. Täglich. Mehrfach. Diese Aspekte müssen Sie beim Sichern Ihrer Ladung beachten und diese Methoden zur Ladungssicherung gibt es:
„Das ist so schwer, da rutscht nix!!“

Falsch. Setzt sich das Fahrzeug in Bewegung, ändert es seine Geschwindigkeit oder Fahrtrichtung oder muss es Unebenheiten überwinden, entstehen dynamische Kräfte. Wie sich die Ladung bei solchen Krafteinwirkungen verhält, ist abhängig von:

  • der Intensität des Richtungswechsels bzw.
  • der Intensität der Beschleunigung oder des Bremsvorgangs,
  • den Materialien bzw. der Oberflächenbeschaffenheit der Ladung und
  • der Auflagefläche sowie vom Schwerpunkt der Ladung.

Die einzige Möglichkeit alle Risiken zu vermeiden: Die fachgerechte Sicherung der Ladung. Und zwar so, dass sie im Zweifel eine Vollbremsung unbeschadet übersteht. Wir nennen Ihnen 10 Praxistipps zur Ladungssicherung in Lkw und Transporter.

Punkt 1: Geeignetes Fahrzeug als Voraussetzung für Ladungssicherung

Der Lkw bzw. das Fahrzeug muss die Ladung und die zu erwartenden Kräfte (Strassenbeschaffenheit und die Möglichkeit einer Vollbremsung mit einberechnet) sicher aufnehmen können. Klingt banal. Trotzdem wird hier (sogar bei professionellen) Transporten oft unnötig viel riskiert.
Praxistipp Ladungsicherung
Überprüfen Sie vor Fahrtantritt, ob Nachweise über die vorgeschriebene Sicherheitsprüfung und die Überprüfung der Betriebssicherheit vorliegen.
Achten Sie unbedingt auf eine besenreine Ladefläche. Verschmutzungen haben Einfluss auf die Reibung – siehe Punkt 2.

Ladungssicherung beim LKW – Wer prüft’s?

Insgesamt 13 Kontrollzentren für den Lkw-Schwerverkehr und Autobahnpolizei überprüfen bei Kontrollen neben anderen Punkten (Führerschein, Fahrtenschreiber, …) insbesondere auch den ordnungsgemässen Zustand des Fahrzeugs und die Einhaltung der Vorschriften. Die Beanstandungsquote bei diesen Kontrollen ist meist zu hoch. Alleine im Jahr 2021 wurden in der Schweiz knapp 140.000 LKW, Sattelschlepper. Busse und Lieferwagen kontrolliert, was zu fast 25.000 Beanstandungen führte. In 4.600 Fällen wurde das Fahrzeug sogar stillgelegt bzw. eine Weiterfahrt verwehrt. Das bedeutet neben finanziellen und strafrechtlichen Konsequenzen für Fahrer und Fahrzeughalter, immer auch Verzögerung und Kosten. Und: Die Gefahr fährt immer mit!

Überprüfung in regelmäßigen Anständen beim MFK:

Lastwagen, Sattelschlepper und Anhänger, die lediglich im Binnenverkehr eingesetzt werden. unterliegen einer Überprüfung im 2-Jahres-Turnus (ab dem dritten  Nutzungsjahr dann jährlich). Für Fahrzeuge im internationalen Warenverkehr gilt weiterhin: Jedes Jahr zum Check!

Eine gute Übersicht findet sich beim FVS, dem Fonds für Verkehrssicherheit: Ladungssicherung im Strassenverkehr – das Wichtigste in Kürze 

Praxistipp Ladungsicherung
Beachten Sie das zulässige Gesamtgewicht und die jeweils zulässigen Achslasten. Gleichzeitig darf die Mindestachslast der Lenkachse nicht unterschritten werden, um das Fahrzeug manövrierfähig zu halten.
Praxistipp Ladungsicherung

Vor Fahrtantritt sollte sich der Fahrer mit dem Lastenverteilungsplan des jeweiligen Fahrzeugs vertraut machen. Bei Nutzfahrzeugen wird dieser in der Regel vom Fahrzeughersteller mitgeliefert. Der Fahrzeugausweis finden Sie Informationen über das maximale Gesamtgewicht. Achtung: In der Schweiz ist dsa Gesamtzuggewicht auf 40t begrenzt, selbst wenn laut Fahrzeugausweis ein höheres Gesamtgewicht zulässig wäre! Mehr Informationen erhalten Sie auch auf Anfrage bei Berufsverbänden und Berufsgenossenschaften.

Im Web finden Sie zahlreiche Online-Tools und Apps zur Erstellung des Lastverteilungsplans.

Diese Angaben liegen einem Lastverteilungsplan zu Grunde:

  • Achslasten maximal in Tonnen
  • Achslasten minimal in %
  • Radstände des Lkw in Metern
  • Länge der Ladefläche in Metern
  • Abstand zwischen Vorderachse und Stirnwand in Metern
  • Abstand Vorderachse zu Hinterachse in Metern
  • Abstand zwischen mittlerer Achse (falls vorhanden) und Hinterachse in Metern

Mit diesen Basisdaten wird dann eine grafische Zeichnung erstellt, aus der die ideale Verteilung der Ladung auf der jeweiligen Ladefläche ganz einfach ersichtlich wird.

Soll die Ladung mit einem Gewicht A (hier: 7t) transportiert werden, platzieren Sie den Schwerpunkt zwischen B (2,4m) und C (4,9m). Neben der Einhaltung
von zulässigen Nutz- und Achslasten muss im Sinne der Lenksicherheit des Fahrzeugs sichergestellt sein, dass eine gewisse Vorderachslast eingehalten wird und 20% des Fahrzeuglehrgewichts nicht unterschreiten darf.

Punkt 2: Die Physik für bessere Ladungssicherung!

Beim Transport von Ladung wirken vor allem diese vier physikalische Faktoren, die Einfluss auf das Fahrverhalten und die Ladungssicherheit haben:

  • Beschleunigungs- / Verzögerungs- / Fliehkraft
  • Reibung
  • Gewichtskraft
  • Ladungsschwerpunkt
Praxistipp Ladungsicherung
Machen Sie sich mit den grundlegenden physikalischen Gesetzen vertraut. Dann sind Sie in der Lage, die nötigen Massnahmen zur Ladungssicherung zu verstehen und richtig anzuwenden.

Beschleunigungs-, Verzögerungs- und Fliehkräfte

Beim Anfahren und Beschleunigen rutscht die (nicht gesicherte) Ladung auf der Ladefläche nach hinten. Die Beschleunigungskräfte, die hierbei absolut wirken, sind abhängig vom Gewicht der Ladung. Faustregel: Je schwerer ein Gegenstand ist (Gewichtskraft), desto grössere Kräfte wirken.

Das sollten Sie wissen: Beim Bremsen wirkt das 0,8-fache der Gewichtskraft der Ladung, und zwar in Längsrichtung nach vorne. Beim Beschleunigen und beim Kurvenfahren wirkt das 0,5-fache der Gewichtskraft der Ladung. Diese Kräfte entstehen unweigerlich, bei jeder Richtungsänderung. Daran ändert auch die korrekte Ladungssicherung nicht. Es gilt, diese Kräfte aufzunehmen – und sicher über den Fahrzeugboden nach unten abzuleiten. Dabei sind folgende auch Grössen entscheidend:

Reibung

Die Beschaffenheit der Oberflächen sowohl der Ladung als auch der Ladefläche hat entscheidenden Einfluss darauf, mit welcher Intensität und in welche Richtung sich die Ladung in Bewegung setzt. Eine Oberfläche mit hoher Reibung nimmt die Gewichtskraft auf und „leitet“ sie nach unten ab. Diesen Effekt haben zum Beispiel Anti-Rutschmatten. Auf diese Weise kann bis zu 60% der Gewichtskraft „umgeleitet“ werden. Verlassen sollten Sie sich auf die Reibung allein jedoch nicht: Witterungsumstände oder Verunreinigungen durch z.B. Öle oder Fette machen diesen Effekt nämlich zunichte.
Praxistipp Ladungsicherung
Verwenden Sie Antirutschmatten zur Erhöhung der Reibung. Papierzwischenlagen beispielsweise geben der Ladung innerhalb einer Palette mehr Halt und halten die Ladung an Ort und Stelle für bis zu 42 Grad Neigung.

Ladungsschwerpunkt und Standfestigkeit

Eine Ladung hat dann sicheren Stand, wenn die Schwerpunkthöhe kleiner ist als die halbe Breite seiner Grundfläche. Ein niedriger Ladungsschwerpunkt verhindert (verringert) das Ausbrechen der Ladung zur Seite hin.
Praxistipp Ladungsicherung
Verteilen Sie die Last entsprechend des Lastverteilungsplans und, wenn möglich, gleichmässig auf alle Achsen. Verteilen Sie den Schwerpunkt der Ladung dabei möglichst auf die Längsmittellinie des Fahrzeugs und versuchen Sie ihn so niedrig wie möglich zu halten. Die Fliehkräfte, die beispielsweise bei einem heftigen Lenkmanöver auf die Ware einwirken, nehmen mit der Höhe zu. Daher: Schwere Ware unten, leichte Ware oben. Das minimiert den Einfluss der wirkenden Kräfte.

Sicherungskraft bzw. Vorspannkraft

Den Kräften, die erwartbarerweise beim Transport entstehen (also Gewichtskraft minus Reibungskraft), muss mindestens dieselbe Kraft entgegengebracht werden, um die Ladung an Ort und Stelle zu halten. Diese Kraft, die zur Sicherung (zur Fixierung) aufgebracht werden muss, nennt man beim formschlüssigen Laden (Direktzurren) Sicherungskraft, beim kraftschlüssigen Laden (Niederzurren) nennt man sie Vorspannkraft.

Punkt 4: Die Methode zur Ladungssicherung

Generell wird zwischen zwei Methoden zur Ladungssicherung unterschieden: Das Direktzurren (auch formschlüssige Ladungssicherung genannt) und das Niederzurren (auch kraftschlüssige Ladungssicherung genannt). Für beides benötigen Sie einen bzw. mehrere Spanngurte.

Worin liegt der Unterschied?

Formschlüssige Ladung

Formschlüssig laden bedeutet, bündig bzw. lückenlos zu laden. Gibt es keinen Leerraum, kann sich die Ladung nicht in Bewegung setzen. Die Ladung wird miteinander und mit dem Transportmittel verblockt. Dazu wird die Ladung an der Stirnwand der Ladefläche festgesetzt und mithilfe von fixiert. Zusätzlich werden hier auch Paletten oder Stausäcke als „Füllmaterial“ verwendet.

Das geschieht, wie beschrieben, bspw. durch das lückenlose Auffüllen des Laderaums, siehe Abbildung:

Zur formschlüssigen Ladung gehört aber auch, wenn das Ladegut auf der Ladefläche mithilfe von Zurrmitteln, also Spanngurten oder Netzen an Ort und Stelle fixiert wird.

Gängige Methoden für diese Art der Ladungssicherung beim formschlüssigen Laden sind:

  • Diagonalzurren
  • Schrägzurren

Diagonalzurren mithilfe von (mindestens) vier Spanngurten mit Ratsche, ergänzt mit Anti-Rutschmatten und Kantenschutz. Jeweils ein Zurrmittel sichert eine Ecke des Ladegutes. Die Zurrmittel werden diagonal zur Aussenkante der Ladenfläche hoch zur Ladung gespannt.

Schrägzurren mithilfe von mindestens acht Zurrmitteln, die im rechten Winkel zu allen vier Seiten der Ladefläche zu den oberen Ecken des Ladeguts geführt werden.
Praxistipp Ladungsicherung

Erhöhen Sie die Stabilität bei der formschlüssigen Ladungssicherung neben Zurrgurten mit weiteren Hilfsmitteln wie:

  • Rutschhemmende Unterlagen (Antirutschmatten)
  • Antirutschhölzer
  • Keile
  • Ladebalken oder Sperrbalken
  • Staupolster

Achtung beim Formschluss:

Die Methode der formschlüssigen Ladungssicherung wird in der Logistik gerne verwendet, ist aber nicht für jedes Fahrzeug geeignet. Der Gesetzgeber stellt bestimmte Voraussetzungen an den Fahrzeugaufbau. Die sogenannte Aufbaufestigkeit für Nutzfahrzeuge und Anhänger gemäss DIN EN 12642 setzt eine Mindestbelastbarkeit der Stirnwand, der Rückwand und der Seitenwände vor.

Soll der Formschluss mithilfe von Zurrgurten hergestellt werden, müssen am zu sichernden Ladegut entsprechende Anschlagpunkte (Zurrpunkte) vorhanden sein.

Kraftschlüssige Ladungssicherung

Kraftschlüssig laden bedeutet im Gegensatz zum formschlüssigen Laden, dass die Ladeeinheiten auf die Ladefläche gepresst und gesichert werden. Dafür werden die Zurrgurte über das Ladegut geführt und gespannt. Die einzelnen Packstücke werden also regelrecht niedergezurrt, die Kraft so auf die Ladefläche umgeleitet Bewegung und ein Rutschen oder Ausbrechen verhindert. Dabei ist die Ladung im Gegensatz zur formschlüssigen Variante freistehend.
Praxistipp Ladungsicherung
Verwenden Sie die Methode des kraftschlüssigen Ladens nur für leichtes bis mittelschweres Ladegut und nicht für druckempfindliche Waren. Es gilt: Je schwerer die Ladung, desto mehr Zurrgurte sind nötig, um sie ausreichend zu sichern. Im Netz finden sich diverse Online-Rechner zur Berechnung der richtigen Anzahl Spanngurte, z.B. hier:

ladungssicherung.eu

Praxistipp Ladungsicherung
Verwenden Sie beim Sichern der Ladung mittels Niederzurren Kantenschutz. Da die Spanngurte mit der zur Sicherung nötigen Spannkraft über das Ladegut gezogen werden, kann ansonsten hier sowohl die Ladung als auch der Spanngurt selbst Schaden nehmen.

Punkt 5: Der geeignete Spanngurt

Eine schier unermessliche Auswahl an Spann- oder auch Zurrgurten – wie finde ich den richtigen? Anhand des Zurgurtetiketts, das zwingend an jedem Gurt angebracht sein muss (Norm EN 12195), lassen sich die relevanten Kriterien ablesen.

Ladungssicherung mithilfe von Zurrmitteln

Neben dem Namen des Herstellers, dem GS-Zeichen und der entsprechende Prüfnummer, dem Herstellungsjahr, der angewandten DIN-Norm und einer eindeutigen Code-Nummer zur Rückverfolgbarkeit und Zuordnung des Spanngurtes, sind diese Angaben relevant:

  • Werkstoff des Spanngurtes, erkennbar an der Farbe des Etiketts (Polyester – blau, Polamid – grün, Polypropylen – braun)
  • Nutzlänge des Zurrmittels
  • Standard Hand Force (normale Handkraft, SHF), Angabe in daN
  • Standard Tension Force (Vorspannkraft, STF), Angabe in daN
  • Lashing Capacity (zulässige Zurrkraft, LC), Angabe in daN
  • Dehnung unter zulässiger (maximaler) Zurrkraft in Prozent

Hier finden Sie weitere Informationen zu den verschiedenen Angaben von Spanngurten sowie den Angaben auf dem Etikett eines Spanngurtes: Ladungssicherung mit Spanngurt

Praxistipp Ladungsicherung
Zurrgurte vor der Benutzung auf eventuelle Schäden untersuchen. Mindestens einmal jährlich müssen die Spanngurte dann für den Nachweis ihrer weiteren Gebrauchstauglichkeit von einem Sachkundigen untersucht werden. Stellt dieser Mängel am Zurrgurt fest, muss dieser ausgetauscht werden.

Mehr zur „Haltbarkeit“ eines Zurrgurtes, zur Qualitätsprüfung und zur sogenannten Ablegereife von Spann- und Zurrgurten:  Ladungssicherung mit Spanngurt.

Praxistipp Ladungsicherung
Vom Grossen zum Kleinen bzw. von aussen nach innen: Sämtliche Massnahmen, die Palette auf der Ladefläche zu sichern und zu fixieren, sind zum Scheitern verurteilt, wenn beim Palettieren selbst nicht eine absolut stabile Ladungseinheit hergestellt wurde. Für den nötigen Zusammenhalt und die nötige Stabilität auf der Palette sorgt z.B. Stretchfolie!

Wer haftet für unzureichende Ladungssicherung?

In der Schweiz sind Fahrzeugführer, Verlader, Verlademeister, Versandleiter und die Geschäftsführung für die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften zur Ladungssicherung verantwortlich. 

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