Die EU hat sich mit dem Kreislaufwirtschaftspaket ehrgeizige Ziele gesetzt. Welche EU-Recyclingquoten gilt es (bis wann?) zu erreichen? Und welche Richtlinien helfen beim Erreichen der Ziele? Kunststoffe sind in allen Wirtschaftsbereichen weit verbreitet und oft nicht wegzudenken. Die Verwertung von Kunststoffabfällen bringt jedoch mehrere Herausforderungen mit sich. Die Qualität und der Preis von recycelten Produkten im Vergleich zu fabrikneuer Ware als auch die Vielfalt an unterschiedlichen Kunststoffen erschweren den Recyclingprozess. Die Nachfrage nach recycelten Kunststoffen ist in Europa mit sechs Prozent bislang verschwindend gering.
Tatsächlich werden in Europa nur 30 Prozent aller Plastikabfälle fürs Recycling gesammelt. Wiederum die Hälfte der für das Recycling gesammelten Kunststoffe wird in Länder ausserhalb der EU exportiert. Zum Grossteil wird der Plastikmüll aber zur Energiegewinnung verbrannt oder einfach nur deponiert. Dabei entstehen hohe Verluste für Wirtschaft und Umwelt, denn schätzungsweise gehen 95 Prozent des Wertes von Plastikverpackungsmaterialien nach einem kurzen, oft einmaligem Nutzungszyklus verloren. Hinzukommt die hohe CO2-Belastung durch die Herstellung und Verbrennung von Plastik in Höhe von rund 400 Millionen Tonnen weltweit.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken hat sich die EU mit dem Kreislaufwirtschaftspaket ehrgeizige Ziele gesetzt:
- Bis 2025 sollten mindestens 55% der Siedlungsabfälle (aus Haushalten und Unternehmen) recycelt werden. Das Ziel wird bis 2030 auf 60% und bis 2035 auf 65% steigen.
- 65% der Verpackungsmaterialien müssen bis 2025 und 70% bis 2030 recycelt werden. Für die unterschiedlichen Verpackungsmaterialien wie Papier und Pappe, Kunststoffe, Glas, Metall und Holz werden gesonderte Ziele festgelegt:
Bis 2025 | Bis 2030 | |
Alle Verpackungen | 65% | 70% |
Plastik | 50% | 55% |
Holz | 25% | 30% |
Eisenmetalle | 70% | 80% |
Aluminium | 50% | 60% |
Glas | 70% | 75% |
Papier und Pappe | 75% | 85% |
Nachhaltige Verpackungsgestaltung
Um Verpackungsherstellern einen Leitfaden für recyclinggerechte Verpackung zu geben, hat die FH Campus Wien den Circular Packaging Design Guideline herausgegeben. Der Fokus liegt auf der Erfüllung der durch die EU vorgegebenen Recyclingquoten aller Verpackungsmaterialien.
Designprinzipien für Verpackungen
Mit Blick auf der ganzheitlichen und nachhaltigen Produktentwicklung sowie einer umweltfreundlichen Einkaufspolitik kommt es zu neuen Herausforderungen im Produktdesign. Um Verpackung so ökologisch wie möglich zu gestalten, gelten die vier Designprinzipien:
- Effektivität
Die Verpackung muss in erster Linie zweckdienlich sein – für den Konsumenten aber auch für das Produkt selbst. Das verpackte Produkt muss bestmöglich geschützt werden, etwa gegen schädigende Umweltfaktoren wie mechanische Belastung, Sauerstoff, Feuchtigkeit oder Licht. Die Handhabung für den Konsumenten muss so einfach wie möglich sein. - Effizienz
Die Effizienz wird mit Hilfe der Ökobilanz bewertet. Der Einsatz von Rohstoffen, Emissionen, Energie und die Abfallentstehung sollen über den gesamten Lebenszyklus so gering wie möglich gehalten werden. Eine Kennzahl ist die CO2-Emission während des gesamten Lebensweges, angefangen bei der Rohstoffförderung bis hin zur Entsorgung. - Sicherheit
Es gilt Gesundheits- und Sicherheitsrisiken sowohl für den Menschen als auch die Umwelt zu vermeiden. Im Lebensmittelbereich sind hier oft strengere gesetzliche Vorgaben zu beachten, auch in Bezug auf Verbrauchersicherheit, Umweltschutz und Fälschungssicherheit. - Zirkularität
Die Verpackung muss so gestaltet werden, dass eine möglichst hohe Wiederverwertung der eingesetzten Materialien erreicht wird. Produkte sollen so designt und hergestellt werden, dass die Verpackungen nach dem Gebrauch entweder weiterverwendet und recycelt werden können oder aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.
Design-Ansätze für nachhaltige Verpackung
Neben der Erklärung von Grundlagen zur nachhaltigen Verpackungsgestaltung greift die Circular Packaging Design Guideline bei Empfehlungen auf zwei unterschiedliche Design-Ansätze zurück, mit dem Ziel der optimierten Kreislaufwirtschaft:
- Design for Recycling beschreibt Verpackungen, die das Sortierverfahren fehlerfrei durchlaufen und im Recyclingprozess stofflich verwertet werden können.
- Design from Recycling beschreibt das weitere Vorgehen einer Kreislaufwirtschaft und legt den Fokus auf den Einsatz von Recyclingmaterialien bei der Herstellung.
Abfallvermeidung, Recycling oder Entsorgung?
Die Abfallhierarchie unterstützt bei der ganzheitlichen Betrachtung einer nachhaltigen Verpackung. Grundsätzlich gilt es, Ressourcen zu schonen und Verpackungsmüll zu vermeiden. Aber Mehrwegsysteme eignen sich nicht für jeden Anwendungszweck. Aus diesem Grund sollte immer die Option mit dem besten ökologischen Ergebnis ausgewählt werden.
- Vermeidung
Mehrwegsysteme sind ein guter Ansatz zur Abfallvermeidung. Es gilt dafür zu sorgen, dass die Verpackung erst gar nicht zum Abfall wird und somit nicht entsorgt werden muss. - Vorbereitung zur Wiederverwertung
Reinigung und Reparatur von Verpackung zur Weiterverwendung. Darunter fallen etwa Mehrwegcontainer. - Recycling
Wiederverwertung der Verpackung zur Herstellung neuer Verpackung oder anderer Produkte. - Sonstige Verwertung
Stoffliche Verwertung wie etwa die Verbrennung zur Energiegewinnung, zur Rückgewinnung von Stoffen oder zur Düngung in der Landwirtschaft. - Beseitigung
Deponierung des Abfalls.
Bewertung der Recyclingfähigkeit
Um die Recyclingfähigkeit eines Produktes zu bewerten, wird immer nur ein definierter geografischer und zeitlicher Gültigkeitsbereich betrachtet. Eine PET-Flasche aus Österreich kann in einem anderen Land ohne entsprechende Sammelstellen und Verwertungssystem durchaus als nicht recyclingfähig eingestuft werden.
Um die Einstufung der Recyclingfähigkeit vorzunehmen, kann auf zwei aktuelle Methoden zurückgegriffen werden: Die qualitative und die quantitative Bewertung.
Methode der Bewertung | Beschreibung | Metrik |
Qualitativ | Der Massenanteil, der nach dem Recyclingprozess bei der Herstellung materialidente Neuware ersetzen kann. Materialverluste durch Sortier- und Recyclingprozesse müssen eingerechnet werden. | Massenprozent (%) |
Quantitativ | Mit Hilfe von Fragen zu Produkteigenschaften, wie bspw. Materialzusammensetzung, erfolgt eine Bewertung. | Skala (z.B. A bis F; oder Einteilung in Sehr gut/Gut/Eingeschränkt/ Nicht recyclingfähig) |
Welche der beiden Bewertungsmethoden am besten geeignet ist, muss im Einzelfall bewertet werden. Wichtig ist, dass nicht nur die Entsorgung, sondern der komplette Lebenszyklus der nachhaltigen Verpackung betrachtet wird. Durch die ökologische Betrachtung können Zielkonflikte vermieden und bewertet werden. Beispielsweise kann eine Verpackung optimal recyclingfähig gestaltet werden, durch den Verzicht einer bestimmten Barriere verdirbt das Produkt aber frühzeitiger. Die Recyclingfähigkeit und Ressourceneffizienz müssen in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Ökologie abgewogen werden. Denn ein vorzeitiges Verderben der Produkte hat auch negative Auswirkungen auf die Umweltbilanz.
Grundlage für Verpackungsdesign
Die Circular Packaging Design Guideline greift die Vorschriften und Ziele des EU-Umweltpakets auf und unterstützt Unternehmen dabei, diesen gerecht zu werden. Für Unternehmen ist ein Leitfaden zur Gestaltung von nachhaltigen und recyclingfähigen Verpackungsdesigns enthalten. Die Funktion der Verpackung, die Einordnung der Recyclingfähigkeit und die Art der Entsorgung werden ganzheitlich betrachtet. Letztendlich gibt die Ökobilanz Informationen zur Nachhaltigkeit der Verpackung. Mithilfe von Materialempfehlungen wird die Auswahl des Verpackungsmaterials unterstützt. Insbesondere im Kunststoffbereich ist es notwendig umzudenken, um die EU-Ziele zu erreichen.
Die Circular Packaging Design Guidelines rät daher, auf möglichst weitverbreitete Materialien wie PET zu setzen, weitestgehend auf Zusatzstoffe im Material zu verzichten und auf eine einfache Trennbarkeit der Komponenten beim Sortierprozess zu achten.