Mehrweg-Versandverpackungen

Mögliche Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Verpackung

10 min lesen 18 Mai 2021
Man kann den Bildern und den Schlagzeilen gar nicht entgehen: Plastikabfälle schädigen unsere Umwelt. Mikroplastik in den Weltmeeren (mit derzeit weitgehend noch gar nicht absehbaren Folgen für Mensch und Natur), Plastikabfälle bilden ganze Inseln im Meer: Die Bilder sind in den Medien omnipräsent. Und das ist auch gut so. Denn ein Umdenken erfolgt langsam und wird erfolgreicher durch Information und Freiwilligkeit erreicht denn durch Verbote. Eine Möglichkeit zur Müllvermeidung: Mehrweg-Versandverpackungen.

Rund 2’700 Tonnen Plastikmüll belasten jährlich Schweizer Natur. 75% des in der Schweiz verbrauchten Plastiks (Gesamt: 1 Million Tonnen) sind Einweg-Verpackungen.  Die Mengen sind in den vergangenen Jahren leider nicht nennenswert gesunken.  Von Umdenken noch nicht viel zu sehen. Im Gegenteil!

Jetzt ist Plastik nicht per se schlecht. Plastik ist langlebig und haltbar – und hat daher seine Berechtigung in sehr vielen Einsatzbereichen. Aber genau diese Eigenschaften kommen nicht zum Tragen, wenn Plastikprodukte nur wenige Minuten oder sogar Sekunden im Einsatz sind (Plastiktragetüte, Coffee-to-go-Becher…). Beim weit verbreiteten „One-way-use“ werden genau diese Haltbarkeit und Langlebigkeit zum Problem, führen zu stetig wachsenden Müllbergen und belasten die Umwelt auf Dauer.

Anders bei Mehrweg-Versandverpackungen.

Recycling hilft, ist aber nicht die Lösung

Das Recyclen von Plastikabfällen ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Noch besser jedoch ist das Ansetzen an einem grundlegenderen Punkt: Plastik in Wegwerfprodukten vermeiden! Die Verwendung von Mehrwegflaschen und (kostenpflichtige!) Alternativen zur Plastiktragetasche sind heute für niemanden mehr der Rede wert, deren Verwendung für den Verbraucher selbstverständlich. Ein gutes Beispiel dafür, dass Umdenken möglich ist. Mehrweg-Versandverpackungen kommen positiv beim Verbraucher an.

Mehrwegsysteme ausweiten

Umdenken auch beim Online-Konsumenten: 70% der Befragten wären bereit, bei Ihren Bestellungen auf  nachhaltige Mehrweg-Versandverpackungen umzusteigen

Mehrweg-Versandverpackungen für Onlinebestellungen

Was bei den Trinkflaschen, Kunststoffkanistern und den Tragetaschen funktioniert, lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen. Eine Studie zeigt, dass 70 Prozent der Befragten sich auch bei Versandverpackungen im Online-Handel Mehrwegsysteme vorstellen könnten. Bis zu 2,49 € Pfand wäre der Verbraucher bereit, für die retournierbare nachhaltige Verpackung, Pfand zu zahlen, siehe Schaubild unten.

So oder so ähnlich könnte eine solche Mehrweg-Versandverpackung auch aussehen: Mehrweg-Faltkiste bei RAJA

Inzwischen gibt es hierzu einige interessante Tests, unter anderem verschickten Otto und Tchibo gemeinsam mit Avocadostore bereits testweise in Mehrwegversandtaschen. Die sogenannten RePacks (reusable packaging) sind aus recyceltem Polypropylen (PP) und damit sehr haltbar und widerstandsfähig. Die Kunden, die ihre Onlinebestellung in einer solchen Mehrweg-Versandverpackung erhalten, können diese wie gewohnt als Retouren-Verpackung verwenden oder aber die Mehrweg-Versandverpackung zusammenfalten und in einem Briefumschlag per Post retournieren. In der Theorie kann ein und dieselbe Versandtasche so mindestens 20 mal versendet und zurückgegeben werden – laut Daniel Koltermann, Nachhaltigkeits-Manager bei Tchibo, muss sie jedoch mindestens vier mal verwendet werden für eine bessere CO2-Bilanz. Funktioniert das?

7.500 dieser Mehrweg-Versandtaschen hat beispielsweise Tchibo für diesen Test ins Rennen geschickt, insgesamt wurden wohl 15.000 Waren verschiedenster Warengruppen in den Mehrweg-Versandverpackungen versendet. Das erste Fazit von Otto und Tchibo: Es wurden 75% der Mehrweg-Versandtaschen zurückgeschickt. Um so erstaunlicher, da den Kunden kein Pfand berechnet wurde und sie sich auch bei ihrer Bestellung nicht bewusst für die Teilnahme am Test mit Mehrweg-Versandverpackungen entschieden hatten. Der «Reiz des Neuen»? Konkrete Ergebnisse des Tests erwarten sich Tchibo, Otto und Avocadostore Anfang 2022. Die vergangenen Wochen und Monate haben jedoch gezeigt, dass vieles was undenkbar und kompliziert erschien, durchaus machbar ist…

Bei Ökopol, dem Hamburger Institut für Ökologie und Politik, äussert man sich vorsichtig optimistisch:

Wenn es im Handel so weitergeht, knacken wir in vier Jahren die Eine-Million-Tonnen-Marke für Versandverpackungsmüll. Eine Lösung, um diesen Ressourcenverbrauch einzudämmen, ist, die Einweg- mit Mehrweg-Verpackungen im Versandhandel zu ersetzen.Lisa Rödig, Hamburger Institut für Ökologie und Politik (Ökopol)
Ziel ist, bis zum Projektende Anfang 2022, umfangreiche Erkenntnisse zu generieren, wie Mehrwegsysteme gestaltet sein müssen, damit sie praxistauglich und wirtschaftlich tragfähig sind, und welche branchenspezifischen und politischen Rahmenbedingungen hierbei unterstützen können. Avocadostore, Otto und Tchibo leisten dabei als Vorreiter der Branche einen wertvollen Beitrag für die Etablierung von Mehrwegsystemen im Onlinehandel und zur Ressourcenschonung.Till Zimmermann, Ökopol

Mehrweg-Verpackungen in der Gastronomie

2021 boomt Take Away (zwangsläufig).

2021 werden sich die Deutschen Essen im Wert von 2.402 Millionen Euro nach Hause liefern lassen (statista). Auch wenn wir ALLE hoffen, dass wir in absehbarer Zeit unser Essen wieder im Restaurant vor Ort geniessen können: Diese Zahl wird Hochrechnungen zufolge bis 2024 auf 2.855 Millionen Euro ansteigen. Und mit der Zahl die Menge an benötigten Lebensmittel- und Take Away Verpackungen. Der ideale Zeitpunkt, sich über Mehrweg-Verpackungen für Restaurants, Bistros und Cafés Gedanken zu machen, denn: Ab 2023 seiht das Verpackungsgesetz vor, dass alle Anbieter von Take-away-Essen und To-Go-Getränken neben den Einweg-Verpackungen auch Mehrweg-Vverpackungen anbieten und so nachhaltig verpacken.

In Zukunft wird uns das mehr beschäftigen. Aber wirklich jedes Mal 5 oder auch 10 € Pfand pro Geschirrteil bezahlen? Es geht auch anders, Smartphone sei dank: Es gibt Apps, bei denen man seine Bankdaten hinterlegt, beim Abholen der Speisen einfach QR-Code scannen. Werden die leeren Behälter innerhalb von 14 Tagen zurückgebracht, entstehen dem Kunden keine Kosten, werden die Behälter nicht zurückgebracht, zieht der Anbieter über die App die Kosten dafür ein.

Das sagt der Gesetzgeber zum Thema Take Away Verpackungen

Ab Juli 2021 kommt per Gesetz die Mehrweglösung für TakeAway Verpackungen. Ein Schritt in die richtige Richtung: Das EU-weite Verbot von Produkten aus Einweg-Plastik tritt in Kraft. Konkret: Ab dem 3. Juli 2021 ist der Einsatz von Einmalbesteck und Einmaltellern sowie der Einsatz von Trinkhalmen aus Plastik verboten ebenso wie To-Go-Lebensmittelverpackungen, Getränkebecher und Fast-Food Verpackungen aus Styropor, Plastik-Rührstäbchen, Luftballonstäbe…

Das neue Verpackungsgesetz sieht ausserdem vor, dass ab 2022 eine Pfandgebühr verpflichtend für alle Einweg-Flaschen aus Kunststoff sowie auf alle Getränkedosen erhoben wird. Derzeit werden nämlich einige Getränke noch pfandfrei in Dosen und Plastikflaschen verkauft, diese Ausnahmeregel gilt zum Beispiel für Fruchtsaft ohne Kohlensäure oder alkoholische Mischgetränke. Milch oder Milcherzeugnisse ziehen bis spätestens 2024 bei der Pfandpflicht nach.

Eine dritte Gesetzesänderung betrifft Einweg-Flaschen aus Kunststoff. Diese sollen zukünftig verpflichtend zumindest teilweise aus recyceltem (Alt-)Plastik hergestellt werden: Das neue Verpackungsgesetz sieht vor, dass PET-Einweg-Flaschen ab 2025 mindestens 25 Prozent Recycling-Kunststoff enthalten, ab 2030 muss die Recyclingquote dann bei mindestens 30 Prozent liegen.

Wie weitverbreitet bzw. eben nicht weit verbreitet die Mehrweg-Verpackung in der Take Away Gastronomie derzeit ist, haben wir bei einer internen Umfrage unter unseren Facebook-Seiten-Besuchern vor einigen Wochen versucht, herauszufinden. Das Ergebnis:

Die effektivsten Methoden, um Verpackungsmüll zu vermeiden

Punkt 1: Verpackungen vermeiden

Die wirkungsvollste Methode, um Verpackungsmüll zu vermeiden, ist es, Verpackungen zu vermeiden

Das geht an vielen Stellen viel einfacher, als wir uns das in unserem derzeitigen Lebensstil angeeignet haben. Einen grossen Schritt in die richtige Richtung sind sogenannte «Unverpackt-Läden», die ein Einkaufen mit einer Mindestmenge an Abfall ermöglichen: Der Kunde bringt seine eigenen Mehrweg-Behälter mit- und die dürfen dann gerne auch aus langlebigem, über Jahre wiederverwendetem Plastik sein.

Studie pwc, Februar 2018

Punkt 2: Verpackungen optimieren

Es gibt aber auch Bereiche, in denen die Verpackung nicht wegfallen kann. Im Warenversand, beispielsweise, hat die Verpackung die Aufgabe, die Ware während des Versands zu schützen. Ist das Produkt unzureichend verpackt und damit schlecht geschützt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung hoch. Der Kunde retourniert das Produkt, es wird erneut verpackt. In der Folge haben wir doppelte Transportwege mit doppeltem CO2-Ausstoss, aber auch doppelte Verpackung.

Eine möglichst passgenaue, stabile Verpackung nützt im Versand gleich doppelt der Umwelt

Das Produkt ist im exakt passenden Pappkarton weitaus besser geschützt als in einem viel zu grossen Karton. Einige Unternehmen haben aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nur Einheitsgrössen auf Lager, die sie für den Versand aller Grössen verwenden. Das (kleine) Produkt wird dann aber, um den idealen Produktschutz wiederherzustellen, mit deutlich viel mehr Füll- und Polstermaterial im Karton gegen Umherrutschen fixiert. Müll, der vermieden werden kann.

Das deckt sich auch mit den Ergebnissen der pwc-Studie:

„Versandverpackungen sollen in erster Linie gewährleisten, dass die Ware den Empfänger unbeschadet erreicht. Zudem sollten die Pakete nach dem Wunsch der Verbraucher nicht viel grösser sein als das Produkt selbst und gleichzeitig stabil genug, um sie für eine mögliche Rücksendung zu nutzen. (…) Drei Viertel würden ein Mehrwegsystem bei Versandverpackungen gutheissen. In der Befragung sagten 76% der Verbraucher, sie fänden es wichtig, dass es alternativ zum Pappkarton oder der Plastiktüte zukünftig ein Rücknahmesystem für Mehrweg-Versandverpackungen gibt, etwa in Form von Transportboxen. Sieben von zehn Befragten wären sogar bereit, für eine solche Mehrweg-Versandverpackung ein Pfand von durchschnittlich 2,49 Euro zu zahlen.“

Studie pwc, Februar 2018

Punkt 3: Papier statt Plastik

Papier ist eine gute Alternative zu Plastik. Aber: Papier ist nur dann ressourcenschonender, wenn es recycelt wird. Beziehungsweise wenn das Verpackungsprodukt bereits einen hohen Recyclinganteil aufweist! Denn die Herstellung von Papier ist energieaufwändig: Um 100 Kilogramm Papier herzustellen benötigt es beispielsweise 300 kg Holz, 5.000 Liter Wasser, 110 kg CO2 und 1.000 Kilowattstunden Energie – dazu kommt der Einsatz von Chemikalien.

Alternative Rohstoffe

Die genannten Massnahmen liegen absolut im Bereich des Möglichen und sollten schnellstmöglich für jeden von uns Selbstverständlichkeit werden. Parallel dazu gibt es immer wieder ganz neue Ansätze. Wir haben einige davon auf aiomag.de gefunden und möchten Sie Ihnen hier vorstellen.

Mit Gras und Heu verpacken

Wir hatten an dieser Stelle 2016 bereits darüber berichtet, nun hat der Karton aus Gras seine Testphase hinter sich und wurde bereits am Markt eingeführt.

Das Fair-Fashion-Label Armedangels nutzt diesen Rohstoff bereits für seine Sendungen. Gehäckseltes Heu funktioniert aber auch bei Obst und Gemüse und wird dort bereits von einigen Supermarktketten eingesetzt.

Kompostierbare Flasche aus Pflanzen

Auch das österreichische Unternehmen naku setzt auf Zucker: Ihr „natürlicher Kunststoff“ ist nicht nur unbedenklicher als Plastik, weil die beispielsweise auf Weichmacher verzichtet, sie ist auch noch deutlich günstiger in der Herstellung und biologisch abbaubar.

Verpackung aus Pilzen als Alternative zu Airpop

Styropor oder Airpop ist leicht und daher bei der Verpackung beliebt. Mithilfe eines neuen Verfahrens soll nun ein Material entwickelt werden, das dieselben positiven Eigenschaften aufweist und aus einem Gemisch aus Bioabfällen und Pilzen hergestellt wird. Das Unternehmen Ecovative ist zum Beispiel mit dem Möbelkonzern IKEA in Kontakt.

Zuckerrohr statt Polyethylen

Der Hersteller Avery Dennison hat eine biobasierte Polyethylen-Folie entwickelt, die auf Basis von Zuckerrohr statt von Erdöl hergestellt wird.

Wir sind gespannt, welche nachhaltige Verpackung sich durchsetzen wird! Das Konzept der Mehrweg-Versandverpackungen stösst jedenfalls schon mal auf breite Zustimmung!

Hier gibts die Studie zum Thema „Verpackungen im Fokus – Die Rolle von Circular Economy auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit“ (pwc) in voller Länge:

https://www.pwc.de/de/handel-und-konsumguter/pwc-studie-verpackungen-im-fokus-februar-2018-final.pdf

Und so setzen wir das Thema um: Umweltschutz bei RAJA.

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