Egal ob ein Shirt aus dem Onlineshop, Hemden im Store oder Obst- und Gemüse im Supermarkt – nahezu alles scheint in Kunststoff verpackt und eingeschweisst. Auch wenn Plastik oftmals die nachhaltigere Alternative ist, hat das Material mit einem schlechten Image zu kämpfen.
Kunststoff und sein Ruf
Unabhängig vom Material entsteht im Idealfall ein Wertstoffkreislauf, bei dem nichts verschwendet wird, sondern der Müll als Rohstoff immer wieder aufs Neue verwertet wird. Bei den meisten Abfällen funktioniert das auch ganz gut, allerdings nicht beim Kunststoff.
Plastikinseln in den Ozeanen, Export von Plastikmüll in arme Länder und andere dramatische Bilder machen regelmässig Schlagzeilen und sensibilisieren für das Thema. Und trotzdem steigt das Müllaufkommen von Jahr zu Jahr. Erst kürzlich veröffentlichte das Umweltbundesamt die aktuellste Entwicklung des Verpackungsverbrauchs. Eine positive Entwicklung ist nicht zu beobachten: Auch im Jahr 2017 stieg der Müll durch Verpackungen um 3,09 Prozent auf fast 19 Millionen Tonnen (18.723.000 Tonnen). Pro Kopf sind das 226,5 Kilogramm Verpackungsabfall.
Betrachtet man den Verpackungsmüll nach Art des Materials, wird schnell deutlich, dass das Aufkommen an Papier, Glas, Kunststoff und Metall seit 2010 immer weiter zunimmt. Nicht anders sieht es bei den Kunststoffen aus: Deren Menge ist seit dem Jahr 2000 um 79 Prozent gestiegen.
Und bei weitem nicht alle Kunststoffe werden recycelt. Von den insgesamt 3,185 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen aus Verpackungen werden letztendlich mit 49,7 Prozent nur etwa die Hälfte wiederverwertet.
Sind Biokunststoffe die Lösung?
Es stellt sich die Frage nach Alternativen zu herkömmlichen Kunststoffen. Dafür gibt es im Hinblick auf die Nachhaltigkeit gleich mehrere Gründe:
- Plastik schadet der Umwelt!
- Kunststoffe werden aus Erdöl gewonnen, das nur begrenzt zur Verfügung steht. Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen müssen her.
- Kunststoffe sind nicht biologisch abbaubar. Jedes Stückchen Kunststoff, dass jemals produziert wurde, ist noch irgendwo zu finden, im schlimmsten Fall als Plastikinsel in den Weltmeeren oder als Mikroplastik auf dem Grund des Ozeans.
- Kunststoffe enthalten häufig Weichmacher, die das Material biegsam machen. Einige Weichmacher können über die Nahrungskette oder die Haut aufgenommen werden und der Gesundheit schaden.
Aus diesem Grund ist die Forschung seit Jahren auf der Suche nach alternativen Produkten und beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung von Biokunststoffen.
Was sind Biokunststoffe?
Es gibt mehrere Arten von Biokunststoffen, denn „bio“ hat in diesem Fall zwei Bedeutungen. Zum einen steht es für biobasiert: Biobasierte Kunststoffe sind solche, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. „Bio“ kann aber auch für biologisch abbaubar stehen: Das heisst, der Biokunststoff kann kompostiert werden.
Als Biokunststoff, Bioplastik oder biobasierte Kunststoffe bezeichnet man Kunststoffe, die zum wesentlichen Anteil oder sogar ausschliesslich aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Aber auch einige petrochemische – also ölbasierte – Kunststoffe fallen in diese Kategorie, wenn sie abbaubar sind. Der Begriff Biokunststoff umfasst daher eine grosse Kategorie: Nicht alle Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind abbaubar, während einige ölbasierte Kunststoffe hingegen kompostierbar sind.
- die biobasiert, aber nicht biologisch abbaubar sind.
- die nicht biobasiert (sondern petrobasiert), aber biologisch abbaubar sind.
- die (überwiegend) biobasiert und biologisch abbaubar sind.
Verwendung von Biokunststoffen
Die European Bioplastics (EUBP) haben aktuelle Marktdaten veröffentlicht: Aktuell beträgt der Anteil der Biokunststoffe weniger als ein Prozent aller jährlich produzierten Kunststoffe von insgesamt 335 Millionen Tonnen. Mit 1,2 von insgesamt 2,1 Millionen Tonnen Biokunststoffen fällt der Grossteil in den Bereich der Verpackungen. Prognosen gehen von einem Wachstum des gesamten Biokunststoffmarktes von 25 Prozent innerhalb der nächsten fünf Jahre aus. Grund dafür ist die grosse Nachfrage nachhaltiger Produkte.
Deshalb werden innovative Biokunststoffe wie PLA (Polyactide) und PHA (Polyhydroxyalkanoate) als grösste Wachstumstreiber gesehen. Denn diese Biopolymere sind sowohl biobasiert als auch biologisch abbaubar.
Der Biokunststoff PLA
Die Abkürzung PLA steht für Polylactide, was umgangssprachlich Polymilchsäure bedeutet. Es handelt sich bei PLA um ein Polyester, das nicht natürlich vorkommt. Chemisch ist der Biokunststoff aus mehreren aneinander gebundenen Milchsäuremolekülen aufgebaut. Durch eine mehrstufige Synthese wird (Stärke-) Zucker mithilfe von Milchsäurebakterien zu Milchsäure fermentiert und anschliessend zu langkettiger Polymilchsäure (PLA) polymerisiert. Die Milchsäureproduktion erfolgt primär durch die Nutzung von Maisstärke. Aus der Polymilchsäure (PLA) wird Granulat hergestellt, das anschliessend in jede beliebige Form gebracht werden kann. Der Biokunststoff PLA kann dann im Temperaturbereich von -10 Grad bis zu +40 Grad Celsius verwendet werden.
Vorteile wie die hohe Kratzfestigkeit, Transparenz und Lebensmittelfreigabe sowie die Kompostierbarkeit machen den Biokunststoff für verschiedene Einsatzgebiete interessant. Etwa für Verpackungen wie Cremes und Seifen, Plastiktüten oder Einwegprodukte.
Vorteile wie die hohe Kratzfestigkeit, Transparenz und Lebensmittelfreigabe sowie die Kompostierbarkeit machen den Biokunststoff für verschiedene Einsatzgebiete interessant. Etwa für Verpackungen wie Cremes und Seifen, Plastiktüten oder Einwegprodukte.
Biokunststoff PLA für Lebensmittel
Da der Biokunststoff PLA lebensmittelecht ist, eignet sich das Material als Alternative zu herkömmlichen Einweg-Plastikprodukten. insbesondere in Hinblick auf das bevorstehende EU-Plastikverbot bei Einwegprodukten aus Plastik.
Ab 2021 sollen Wegwerfprodukte aus Plastik wie etwa Einwegbesteck, Wattestäbchen, Strohhalme, Plastikteller und -besteck aus dem Handel verschwinden. Alle Einwegprodukte aus Plastik, für die es Alternativen gibt, sollen EU-weit verboten werden. Mit dem Biokunststoff PLA können nachhaltigere Produkte geschaffen werden.
Das hohe Plastikmüllaufkommen aus Verpackungen in Deutschland ist auf die steigende Zahl an Onlinebestellungen und nicht zuletzt auf die kleineren Portionsgrössen zurückzuführen: Fertige Salate mit Besteck in der Plastikbox, Butter und Antipasti in Kunststoff, Trinkbecher bei Veranstaltungen und vieles mehr.
PLA ist daher im Lebensmittelbereich eine echte Alternative.
Kompostierbar nach Norm DIN EN 13432 ?
Wer Kunststoffprodukte als kompostierbar kennzeichnen möchte, wird nach EN 13432 geprüft. Nur wenn alle Tests erfolgreich in anerkannten Testlaboratorien durchlaufen wurden, darf mit der Bezeichnung „kompostierbar“ oder „biologisch abbaubar“ geworben werden. Der Biokunststoff PLA ist entsprechend gekennzeichnet und daher nach der Norm DIN EN 13432 biologisch abbaubar, also kompostierbar.
Das heisst aber keinesfalls, dass etwa Einwegbecher und Plastikbesteck auf dem heimischen Kompost entsorgt werden sollten. Das Material lässt sich in Industriekompostieranlagen unter bestimmten Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtigkeitsbedingungen innerhalb von 90 Tagen zersetzen. In der Natur herrschen andere Bedingungen und der Vorgang dauert deutlich länger. Aus diesem Grund sollte Bioplastik keinesfalls bei den Gartenabfällen oder in der Natur entsorgt werden.
Vor- und Nachteile des Biokunststoffs PLA
Der Biokunststoff PLA bringt augenscheinlich Vorteile im Vergleich zu Kunstoffen aus Erdöl mit sich. Und natürlich liegt die Zukunft in nachhaltigen Plastikalternativen, um Umweltverschmutzung zu vermeiden und die Recyclingquote im Wertstoffkreislauf zu erhöhen.
Die Daten von European Bioplastics zeigen eine prognostizierte steigende Produktion von Biokunststoffen, wobei der Grossteil auf biobasierte, nicht biologisch abbaubare Kunststoffe entfällt und biologisch abbaubare Kunststoffe sich nur langsam entwickeln.
Der Biokunststoff PLA bringt augenscheinlich Vorteile im Vergleich zu Kunstoffen aus Erdöl mit sich. Und natürlich liegt die Zukunft in nachhaltigen Plastikalternativen, um Umweltverschmutzung zu vermeiden und die Recyclingquote im Wertstoffkreislauf zu erhöhen.
Die Daten von European Bioplastics zeigen eine prognostizierte steigende Produktion von Biokunststoffen, wobei der Grossteil auf biobasierte, nicht biologisch abbaubare Kunststoffe entfällt und biologisch abbaubare Kunststoffe sich nur langsam entwickeln.
Biokunststoffe sind nicht immer von Vorteil
Der Begriff Biokunststoff klingt vielversprechend: umweltbewusst und nachhaltig. Auch wenn die Bezeichnung das nicht vermuten lässt, stehen Biokunststoffe häufig in der Kritik. Denn nur eine der drei Biokunststoffgruppen erfüllt die Anforderungen der Ressourcenschonung und der biologischen Abbaubarkeit. Und obwohl vor einigen Jahren grosse Erwartungen an Biokunststoffe gestellt wurden, konnten diese bislang noch nicht erfüllt werden:
Beim Anbau und der Verarbeitung werden trotz allem fossile Energien benötigt. Obwohl weniger Erdöl zum Einsatz kommt und bei Produktion, Gebrauch und Entsorgung weniger CO² entsteht, birgt der Anbau der Rohstoffe negative Effekte für Boden und Gewässer durch Versauerung und Überdüngung.
Ausserdem landen bioabbaubare Kunststoffe in der Regel mit herkömmlichen Kunststoffen in der Recyclinganlage und werden nicht separat entsorgt. Der Vorteil der Bioabbaubarkeit geht somit vollständig verloren. Eine biologisch abbaubare Mülltüte hat aber auch nichts in der Biokompostieranlage zu suchen, dort werden diese meist aussortiert. Das hat gleich mehrere Gründe:
- Die Mülltüten unterscheiden sich nicht von herkömmlichen Mülltüten.
- Sie brauchen sehr lange um zu verrotten, deutlich länger als der normale Biomüll. Plastikreste im Kompost mindern allerdings den Wert.
- Wenn Biokunststoffe verrotten, bringt das aktuell keine Nährstoffe oder einen anderen Mehrwert für den Kompost, der oft als Dünger eingesetzt wird. So gesehen entsteht dabei Energie, die nicht genutzt wird. In einer Recyclinganlage wird die Energie immerhin in Form von Wärme weitergenutzt.
Bei der Umsetzung eines sinnvollen Konzepts und dem Recyclingkreislauf gibt es bei Bioplastik noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Aber trotz vieler Kritikpunkte sind Biokunststoffe eine vernünftige Entwicklung.
Die Erdölreserven sind endlich und aufgrund technischer Einschränkungen kann nur ein Bruchteil davon leicht gefördert werden. Durch die Nutzung erneuerbarer Rohstoffe ist der Einsatz effizient planbar und der CO²-Ausstoss wird gesenkt. Zudem werden in Zukunft wohl noch umweltfreundlichere Biokunststoffe entwickelt werden. Wenn der Anteil an Biokunststoffen prozentual steigt, lohnt sich auch ein Recyclingkreislauf. Mit einem Marktanteil von unter einem Prozent ist dafür aus heutiger Sicht einfach noch nicht ausreichend verwertbares Material vorhanden.
In Hinblick auf die zukünftigen Möglichkeiten treibt das Verpackungsgesetz die Nutzung von Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelbaren Materialien voran.
Nachhaltigkeit in der Verpackungsindustrie
Auch wenn die Nutzung von Biokunststoffen noch nicht gänzlich ausgereift ist, weist die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und abbaubaren Kunststoffen eine positive Entwicklung auf, die es gilt, weiter voranzutreiben. Speziell beim Einsatz von Lebensmittelverpackungen bieten sich bioabbaubare Kunststoffe an, um die Ware für den kurzen Zeitraum vom Transport bis zum Verbraucher zu schützen.
Müll, speziell Plastikmüll, ist ein Problem, das uns alle angeht. Immer wieder werden mögliche Wege zu mehr Nachhaltigkeit in der Verpackung gesucht. Doch neue, nachhaltigere Verpackungen alleine sind nicht die Lösung. Viel wichtiger ist es, den persönlichen Umgang mit Plastik zu hinterfragen. Plastiktüte oder Mehrwegtasche? Kapselkaffee oder frische Bohnen? Das Konsumentenverhalten ist mit der wichtigste Faktor.